Synchrotrons beschleunigen Corona-Forschung

Mainzer Forscher untersuchen mithilfe kurzwelliger Photonen Verteilung von Aerosolpartikeln beim Singen, Sprechen oder Husten

2. Juli 2021

Pressemeldung des Komitees Forschung mit Synchrotron-Strahlung (KFS) / Bearbeitungen MPI für Chemie

Um COVID-19 zu bekämpfen, brauchen wir Impfstoffe und Medikamente. Für ihre Entwicklung muss man das Virus SARS-CoV-2 genau kennen. Doch für diese Untersuchungen reicht die Auflösung eines normalen Lichtmikroskops nicht aus: Das Virus selbst ist kleiner als die Wellenlänge des sichtbaren Lichtes. Kurzwelligere Photonen, zum Beispiel Röntgenstrahlen, werden mit Synchrotrons produziert. Hier zeigt sich der Vorteil der seit Jahrzehnten etablierten Forschungsinfrastruktur in Deutschland und mit deutscher Beteiligung: Synchrotron-Lichtquellen wie PETRA III und FLASH am Deutschen Elektronensynchrotron (DESY) in Hamburg, BESSY II am Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB), European XFEL bei Hamburg oder ESRF in Grenoble, Frankreich, sind solche Großforschungsanlagen. Sie gestatten es, das Virus mit atomarer Genauigkeit abzubilden.

„Das Besondere daran ist: Eine große Gemeinde von Nutzerinnen und Nutzern aus Forschungseinrichtungen, Universitäten und sogar Industrie können ihre Proben dort mit modernsten Messmethoden untersuchen. Dass diese Infrastruktur zur Verfügung steht, ist gerade bei der Corona-Forschung ein riesiger Vorteil“, sagt Prof. Dr. Jan-Dierk Grunwaldt (KIT), Vorsitzender des Komitees Forschung mit Synchrotron-Strahlung (KFS).

Das Herzstück eines Synchrotrons ist ein Teilchenbeschleuniger. Dieser beschleunigt Elektronen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit. Spezielle Magnete lenken die Elektronen von ihrer Flugbahn im Synchrotron ab; beim Bremsen verlieren sie Energie in Form von Licht. Diese Photonen, die einen weiten Bereich von Infrarot bis Röntgen abdecken, werden dann genutzt, um chemische Prozesse, Zellen und Moleküle, aber auch z. B. die Ausbreitung von Aerosolpartikeln oder das Ausmaß der Schädigung des Lungengewebes von COVID-Patienten zu untersuchen.

Gleich nachdem Anfang 2020 das Genom des neuartigen Coronavirus SARS-CoV2 bekannt wurde, starteten die ersten Messungen von Virus-Molekülen an deutschen Synchtrotrons. Dies war möglich durch ein „Fast-Track-Verfahren“: Während die begehrte Synchrotron-Messzeit normalerweise mehrere Monate im Voraus beantragt werden muss, haben die Synchrotrons ein Schnellverfahren für Corona-Forschung eingerichtet und den Betrieb für diese Projekte auch während des Lockdowns aufrechterhalten. Dies hat eine Vielzahl unterschiedlicher Projekte ermöglicht, zum Beispiel die Forschungen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz.

Ausbreitung von Aerosolpartikeln untersucht

Das Team von Christopher Pöhlker vom Max-Planck-Institut (MPI) für Chemie sowie des MPI für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen untersucht an BESSY II den Ausstoß und die Eigenschaften von Aerosolpartikeln bei verschiedenen Tätigkeiten wie Sprechen, Singen oder Husten mit Hilfe der Mikrospektroskopie, um ihre Rolle in der Übertragung von Krankheitserregern besser zu verstehen. (A.d.R. BESSY II ist eine Synchrotronstrahlungsquelle, die extrem brillantes Röntgenlicht erzeugt. Dieses Licht können Forscherinnen und Forscher für ihre Experimente nutzen und Proben untersuchen.)

Bei ihrer Forschung arbeitet das Team von Christopher Pöhlker auch mit Markus Weigand vom Institut für Nanospektroskopie des Helmholtz Zentrum Berlin zusammen. Dabei nutzen die Forschenden das Rasteröntgenmikroskop MAXYMUS für ihre Proben. (Mehr Infos hier: https://www.helmholtz-berlin.de/pubbin/igama_output?modus=einzel&sprache=de&gid=1885)
Im November 2021 sind weitere Messungen zum Thema Aerosolpartikel an MAXYMUS geplant.

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