Radikal-Messungen
Arbeitsgruppe Dr. Hartwig Harder
Warum interessieren uns chemische Radikale? Atome und Verbindungen werden als „Radikale“ bezeichnet wenn sie ein ungepaartes Elektron haben. Radikale sind daher sehr reaktiv und ihre hohe Reaktivität macht sie zu den treibenden Molekülen in der Luftchemie, denn sie reagieren mit den meisten freigesetzten Gasen. Dadurch bauen sie diese Gase ab und reinigen die Atmosphäre. “Nebenprodukte“ dieses Reinigungsprozesses sind unter anderem Wasser (H2O), Kohlendioxid (CO2) und Ozon (O3), außerdem kann eine Aerosolbildung eingeleitet werden.
Eines der wichtigsten Radikale der Luftchemie ist das Hydroxyl-Radikal, OH. Trotz seiner einfachen chemischen Struktur ist es eines der reaktivsten Moleküle in der Atmosphäre. OH-Radikale entstehen vor allem aus der Reaktion von Wassermolekülen mit Ozon und Sonnenlicht. Da diese fast überall vorkommen, werden tagsüber ständig OH-Radikale gebildet, so dass das Hydroxyl-Radikal das wichtigste Oxidationsmolekül in der Troposphäre ist. Ein chemisch eng verwandtes Molekül, das Hydroperoxyl-Radikal, HO2, steht im schnellen Gleichgewicht mit OH, denn die beiden Moleküle werden durch Reaktionen mit anderen Spurengasen ineinander überführt und werden daher zusammen als HOx bezeichnet. Reagieren OH-Radikale mit organischen Verbindungen werden häufig RO2-Radikale gebildet, die durch Weiterreaktion wiederum OH- und HO2-Radikale bilden können. Aufgrund der engen Beziehung von OH, HO2 und RO2 (zusammen als ROx bezeichent) haben wir neben dem etablierten Messsytem für OH- und HO2-Radikale ebenfalls ein RO2-Messsystem aufgebaut.
HO2- und RO2-Radikale sind eine wichtige Quelle von troposphärischem Ozon. Sie reagieren mit NO-Radikalen und bilden NO2-Moleküle, die anschließend photolysieren, so dassOzon entsteht. Um das Gleichgewicht zwischen der Bildung von NO2 und der Photolyse von NO2 untersuchen zu können, haben wir kürzlich ein NO2-Messsystem aufgebaut.
Neben der Bildung von Ozon spielen OH und HO2eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Aerosolen, da sie Verbindungen mit niedriger Volatilität wie organische Säuren oder Schwefel- und Salpetersäure bilden. Somit leiten das OH- und das HO2-Radikal fast alle komplexen chemischen Abläufe der Atmosphäre ein oder sind daran beteiligt.