Direktoren und wissenschaftliche Mitglieder seit 1912

Ernst Otto Beckmann (1853-1923) wurde 1908 zum designierten Präsident des Vereins Chemische Reichsanstalt in Berlin ernannt. 1912 berief man ihn zum ersten Direktor des neu gegründeten Kaiser-Wilhelm-Instituts für Chemie. In seiner Abteilung der anorganischen und physikalischen Chemie führte er Untersuchungen zur Molekulargewichtsbestimmung und zur Spektralanalyse durch, die er schon während seiner Ausbildung in Leipzig begann.

Nach Kriegsausbruch 1914 beschäftigte er sich mit der Herstellung von Schutzmasken, der Verständigung durch geheime Lichtsignale und der Entwicklung von Ersatzfutterstoffen. Bei Lupinen versuchte er die Gift- und Bitterstoffe zu entfernen. Er erforschte Verfahren zur chemischen Anzeige von Schlagwettergefahr im Bergbau. Während des Krieges entwickelte er den Schlagwetterapparat weiter, um ausströmende Gase z.B. in Luftschiffen nachzuweisen. Er verbesserte die Molekulargewichtsbestimmung durch die Erfindung des nach ihm benannten Beckmann-Thermometers. Ein Thermometer mit dem sehr geringe Temperaturdifferenzen von 0,01°C gemessen werden können.

1921 emeritierte er aufgrund gesundheitlicher Probleme. Seine letzten Lebensjahre widmete er unter anderem der sogenannten „Beckmannschen Umlagerung“, eine durch Säuren katalysierte Umwandlung von Ketoximen oder Aldoximen in Amide.

Richard Willstätter (1872-1942) studierte Chemie an der Technischen Hochschule in München und promovierte 1894. Er habilitierte 1896 und wurde sechs Jahre später außerordentlicher Professor und Vorstand der organischen Abteilung im Baeyerschen Institut. Nach sieben Jahren als Professor für allgemeine Chemie an der ETH Zürich nahm Richard Willstätter 1912 die Arbeit als Leiter der Organischen Abteilung am Kaiser-Wilhelm-Institut (KWI) für Chemie in Berlin-Dahlem auf und wurde zum Wissenschaftlichen Mitglied ernannt. Im gleichen Jahr erhielt er eine Honorarprofessur an der Berliner Universität. 1916 verließ er das KWI für Chemie wieder und ging zurück an die Münchner Universität, wo er die Nachfolge Adolf von Baeyers antrat. Zwischen 1927 und 1937 gehörte Willstätter dem KWI als Auswärtiges Wissenschaftliches Mitglied an. Nach dem Hitler-Putsch kam es zunehmend zu antisemitischen Aktionen gegen ihn, die ihn 1924 dazu veranlassten, seine Professur in München abzugeben. Schließlich emigrierte Willstätter 1939 in die Schweiz.

In seinen Forschungsarbeiten widmete sich Richard Willstätter vor allem der Farbstoffchemie des Chlorophylls, des Hämoglobins und der Anthocyane (wasserlösliche Pflanzenfarbstoffe, die in fast allen höheren Pflanzen vorkommen und Blüten und Früchten die rote, violette, blaue oder blauschwarze Färbung geben). 1915 erhielt er für seine Untersuchung der Pflanzenfarbstoffe, vor allem des Chlorophylls, den Nobelpreis für Chemie. Er entdeckte unter anderem, dass die Struktur des grünen Farbstoffs erhebliche Ähnlichkeit mit der Struktur des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin aufweist.

Lise Meitner (1878-1968) arbeitete ab 1912 unentgeltlich als wissenschaftlicher Gast am Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie in Berlin und wurde 1913 erstes weibliches wissenschaftliches Mitglied der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft.

In den Anfängen arbeitete sie mit Otto Hahn in einer kleinen Abteilung für Radioaktivität. Sie setzten die zuvor schon begonnene Studie über die magnetischen Spektren der ß-Strahlen verschiedener radioaktiver Substanzen fort. Der erste Weltkrieg zwang Hahn und Meitner ihre Forschung zu unterbrechen. 1916 setze Meitner ihre Arbeit fort und baute ab 1917 ihre eigene radiophysikalische Abteilung auf. Gemeinsam mit Hahn entdeckte sie im gleichen Jahr das radioaktive Isotop, Protactinium. 1920 wurde die Radioaktivitätsforschung unter Hahn und Meitner zum Forschungsschwerpunkt am Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie. Die Zusammenarbeit von Otto Hahn, Fritz Straßmann und Lise Meitner führte 1938 zur Entdeckung der Kernspaltung. Meitner leistete mit der physikalisch-theoretischen Erklärung einen entscheidenden Beitrag.

1938 floh die gebürtige Jüdin ins Exil nach Stockholm, Schweden, wo sie am Nobel-Institut in Stockholm ihre Arbeit weiterführte. Sie blieb bis 1960 in Schweden und siedelte dann zu ihrem Neffen nach Cambridge, Großbritannien um.

Otto Hahn (1879-1968) war von 1912 bis 1960 wissenschaftliches Mitglied des Kaiser-Wilhelm- und späteren Max-Planck-Instituts für Chemie.

1912 übernahm er die Leitung der Abteilung für radioaktive Forschung am Kaiser-Wilhelm-Institut (KWI) für Chemie in Berlin. Der erste Weltkrieg zwang ihn jedoch seine Forschungen zu unterbrechen, die er erst 1916 zusammen mit Lise Meitner wiederaufnahm. Ab 1918 leitete er die radiochemische Abteilung am KWI für Chemie. Dabei widmete er sich vor allem der angewandten Radiochemie und den Forschungen mit minimalen ´gewichtslosen´ Mengen. Mithilfe der sog. Emaniermethode untersuchte er die Struktur- und Oberflächenänderungen fester Körper mithilfe des radioaktiven Edelgases Radon. Außerdem befasste er sich mit geologischer Altersbestimmung. 1928 wurde Otto Hahn zum Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts ernannt. Die gemeinsame Forschung von Otto Hahn, Lise Meitner und Fritz Straßmann der Transurane führte 1938 zur Entdeckung der Kernspaltung. 1945 erhielt er dafür den Nobelpreis.

Nach seiner Internierung 1945 in Großbritannien kehrte er 1946 nach Deutschland zurück. Im gleichen Jahr wurde er zum Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und ebenso der neu gegründeten Max-Planck-Gesellschaft ernannt. Hahn emeritierte 1960, blieb aber bis 1968 Ehrenpräsident der MPG.


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