Boden- und Wasserverschmutzung: eine unsichtbare Gefahr für die kardiovaskuläre Gesundheit
 

Internationales Forschungsteam warnt in der Zeitschrift Nature Reviews Cardiology vor starken Zusammenhängen zwischen Boden- und Wasserverschmutzung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen

25. September 2024

Pressemeldung der Universitätsmedizin Mainz
Pestizide, Schwermetalle, Mikro- und Nanoplastik im Boden sowie umweltschädigende Chemikalien können sich nachteilig auf das Herz-Kreislauf-System auswirken. Das berichtet ein internationales Forschungsteam in einem heute veröffentlichten Übersichtsartikel in der renommierten Fachzeitschrift  Nature Reviews Cardiology. Der Artikel gibt einen Überblick über die Auswirkungen von Boden- und Wasserverschmutzung auf die menschliche Gesundheit und Pathologie und diskutiert die Verbreitung von Boden- und Wasserschadstoffen und wie sie die Gesundheit negativ beeinflussen, insbesondere das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. 

Die wichtigsten Punkte dieser Veröffentlichung sind:

  • Krankheiten, die auf chemische Verschmutzung von Boden, Wasser und Luft zurückzuführen sind, sind für schätzungsweise 9 Millionen vorzeitige Todesfälle pro Jahr verantwortlich, was 16 Prozent aller weltweiten Todesfälle entspricht; die Hälfte dieser Todesfälle ist kardiovaskulär bedingt.
  •  Bodendegradation bedroht die Gesundheit von mindestens 3,2 Milliarden Menschen (40 Prozent der Weltbevölkerung), während mehr als zwei Milliarden Menschen (25 Prozent der Weltbevölkerung) in Ländern leben, die besonders von Wasserverschmutzung betroffen sind.
  • Ökologisch störende Ursachen für Boden- und Wasserverschmutzung sind Abholzung, Klimawandel, Staub in der Luft, Überdüngung und ungesunde Stadtgestaltung.
  • Verschmutzung durch Schwermetalle, Pestizide, Mikro- und Nanoplastik verursachen Herz-Kreislauf-Schäden, indem sie oxidativen Stress und Entzündungen auslösen und den Schlaf-Wach-Rhythmus beeinträchtigen.
  •  Die Belastung mit Chemikalien (wie Schwermetallen, Lösungsmitteln, Dioxinen und Pestiziden) am Arbeitsplatz, durch Verbraucherprodukte oder indirekt durch Umweltverschmutzung trägt zu endothelialer Dysfunktion und Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei.

„Bodenverschmutzung ist eine weit weniger sichtbare Gefahr für die menschliche Gesundheit als schmutzige Luft“, kommentieren die beiden Hauptautoren des Manuskripts, Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel, Seniorprofessor, und Univ.-Prof. Dr. Andreas Daiber, Leiter der Forschungsgruppe Molekulare Kardiologie am Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz . „Aber es mehren sich die Beweise dafür, dass Schadstoffe im Boden wie auch im Wasser die Herz-Kreislauf-Gesundheit durch eine Reihe zentraler Mechanismen schädigen können, die eine Schlüsselrolle im atherosklerotischen Prozess spielen. Dazu zählen Entzündungen der Gefäße, erhöhter oxidativer Stress, aber auch die Störung der natürlichen Uhr des Körpers, die Gefäßfunktionsstörungen verursachen und so zur Entstehung oder zum Fortschreiten einer atherosklerotischen Erkrankung führen können. Ein wichtiger Grund für das Schreiben dieses Übersichtsartikels war daher, Kardiolog:innen dringend zu ermutigen, Umweltfaktoren zu berücksichtigen, die das Risiko ihrer Patient:inneen beeinflussen könnten“, fügt Thomas Münzel hinzu.

Auch potenzielle Gefahren von kontaminiertem Luftstaub gewinnen zunehmend an Bedeutung – hinlänglich zum Beispiel bekannt als Sahara oder Wüstenstaub. Etwa 770.000 kardiovaskuläre Todesfälle pro Jahr können auf Staubverschmutzung zurückgeführt werden. „Leider sagen Klimamodelle voraus, dass dieser Luftstaub erheblich zunehmen und sich die Luftqualität mit der Erwärmung des Planeten verschlechtern wird“, kommentiert Prof. Dr. Jos Lelieveld vom Max-Planck-Institut für Chemie. 

Entscheidend für die Verringerung des kardiovaskulären Risikos ist die Eindämmung der Boden- und Wasserverschmutzung, so die Autoren. Zu den wichtigsten Strategien gehören die Verringerung der Belastung durch schädliche Chemikalien durch verbesserte Wasserfilterung, Luftqualitätsmanagement, und die Einhaltung guter landwirtschaftlicher Praxis. Bemühungen wie die Null-Schadstoff-Vision der Europäischen Kommission für 2050 zielen darauf ab, die Schadstoffwerte deutlich zu senken, zu gesünderen Ökosystemen beizutragen und die Belastung durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verringern.
Auch die Förderung einer nachhaltigen Stadtgestaltung, die Verringerung des Einsatzes schädlicher Pestizide und die weltweite Verbesserung der Umweltschutzbestimmungen sind unerlässlich, um die Ursachen der Boden- und Wasserverschmutzung anzugehen. Diese Maßnahmen schützen nicht nur die Ökosysteme, sondern auch die öffentliche Gesundheit, insbesondere durch die Verringerung der Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die auf Umweltverschmutzung zurückzuführen sind.

Das internationale Forschungsteam umfasst Autorinnen und Autoren aus folgenden Einrichtungen: Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz (Thomas Münzel, Omar Hahad und Andreas Daiber), Max-Planck-Institut für Chemie, Mainz (Jos Lelieveld), Abteilung für Molekulare Pharmakologie, Albert Einstein College of Medicine, Bronx, NY, USA (Michael Aschner), Center for Research in Environmental Epidemiology (CREAL), Barcelona, Spanien (Mark Nieuwenhuijsen) und Global Observatory on Planetary Health, Boston College, Boston, MA, USA (Philip Landrigan).

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